Im ersten Teil dieser Blogreihe habe ich die aktuellen Ergebnisse des ECM 2022 zusammengefasst und hinsichtlich Konfliktquellen zwischen Agenturen und ihren Kunden näher betrachtet. In den folgenden drei Teilen gehe ich jeweils auf einzelne Konflikte im In-, Trough- und Output einer PR-Kooperation ein.
Input: Schwache Führung und schwache interne Prozesse
Mehr als die Hälfte aller befragten Beratungen und ihre Kunden (50,2%) definieren im Input ihrer Zusammenarbeit – der Rahmen, bevor das Projekt proaktiv umgesetzt wird – eine schwache Führung oder schwache interne Prozesse als Hauptkonfliktquelle, die die Zusammenarbeit erschwert.
In den letzten zweieinhalb Jahren in der PR-Branche konnte ich feststellen, dass schwache interne Strukturen (egal ob nur auf Führungsebene oder durch mangelnde interne Prozesse) auf Kundenseite vor allem durch unterbesetzte oder gering definierte Kommunikationsteams entstanden sind. Dafür gibt es meiner Meinung nach zwei Gründe:
- Zum einen handhaben insbesondere PR-Teams meist mehrere Märkte und Agenturen in ihren lokalen Märkten, weltweit gleichzeitig – eine Koordinationsaufgabe, die ab einer bestimmten Unternehmensgröße nicht mehr mit einem kleinen Team bewerkstelligt werden kann. Sobald in einer kurzen Zeit gleich mehrere Partnerberatungen ein überdurchschnittliches Maß an Aufmerksamkeit von internen Teams für ihren Markt benötigen, werden die unterbesetzten Strukturen zunehmend erkennbar und knicken unter der Last ein.
- Zum anderen ist die Kommunikationsabteilung häufig der Marketing-Abteilung unterstellt. Zwar kreuzen sich die Aufgabengebiete der beiden Disziplinen mintunter, jedoch sollten beide Bereiche in ihrem Kosmos existieren können und separat voneinander ausdefiniert werden: Mit selbstständigen internen, unabhängigen Prozessen und einer eigenen Führung.
Das Ergebnis ist eine schwache interne Aufstellung, die den Zwecken der Kommunikationsziele auf Dauer nicht gerecht werden kann. Dabei liegt die Lösung theoretisch auf der Hand: Unternehmen sollten alle Bereiche von Kommunikation (PR und Marketing sind längst nicht die einzigen Gebiete von Unternehmenskommunikation) analysieren, ihre Aufgabenbereiche und Gemeinsamkeiten ausdifferenzieren und sie mit ausreichend großen Teams und einer separaten Führung besetzen. So stärken sie ihre Organisation und arbeiten konsistent daran, die Problemquellen „schwache Führung“ und „schwache interne Prozesse“ auszubessern.
Auf Seiten der Beratungsdienstleister herrscht ein ähnliches Problem vor. Agenturen und Freiberufler sind per se schon darauf ausgerichtet, mehrere Kunden parallel zu betreuen. Die Herausforderung dabei ist jedoch, dass viele unterschiedliche Kunden auch viele unterschiedliche Bedürfnisse haben. Agenturen wirken dem entgegen, indem sie sich spezialisieren und ihre Kundenstruktur konsistent gestalten, sodass interne Prozesse unter den vielen Auftraggebern möglichst übertragbar sind.
Schwache interne Prozesse werden jedoch immer dann besonders deutlich, wenn die Kundenarbeit zu sehr vereinheitlicht und vereinfacht wird – frei nach dem Motto: Ein Beratungsansatz löst die Probleme Aller. Agenturen wirken dieser Konfliktquelle am ehesten entgegen, indem sie ihre Beratung und die interne Prozessgestaltung nur bis zu einem gewissen Punkt für ihre Partner verallgemeinern. Der Rest sollte eine individuelle Auseinandersetzung mit den Herausforderungen der Kunden darstellen. Eine problem- und aufgabenorientierte Führungsstruktur auf dem Kundenaccount unterstützt dazu die individualisierte Beratung und löst den Konflikt der „schwachen Führung“ (unter dem Gesichtspunkt, dass „stark“ als „für die Bedürfnisse des Kunden“ definiert ist).
Der nächste Teil fokussiert die Konfliktquelle „schwache Projektkoordination“.