Vertrauen gewinnen: Das erwarten Journalisten von PR-Verantwortlichen

Avatar-Foto Christoph Grimsel - 3rd Apr, 2023

In „Allmächtige PR, ohnmächtige PR – Die doppelte Vertrauenskrise der PR“ (2018) sammeln die Herausgeber verschiedenste wissenschaftliche Beiträge, die „Vertrauen“ im Bereich Public Relations thematisieren. Das Kapitel „Gute PR? Wie PR, Vertrauenswürdigkeit zu sichern versucht“, vereint Beiträge, die sich mit Vertrauensstrategien in der PR beschäftigen. Unter anderem beinhaltet es eine wissenschaftliche Untersuchung zum Zusammenhang von Professionalisierungsbestrebungen in der PR-Industrie und Vertrauen auf Journalismus-Ebene.

Obwohl sich die Studienergebnisse der Journalistenbefragung (S. 303 ff.) zum Zusammenhang von Vertrauen und Professionalisierungsbestrebungen in der PR passend in die Darstellungen aller vorherigen Beiträge im Buch eingliedern, haben sie mich nicht minder erstaunt. Egal, wie sehr sich die PR-Branche auch bemüht, professioneller zu werden (beispielsweise in Form von immer währender Überarbeitung der PR-Ausbildung, durch Verhaltenskodizes oder mittels Institutionen, wie der DGPR) – letztlich legen Journalisten in ihrer Vertrauensbeziehung zur PR am ehesten Wert auf richtiges (verantwortungsbewusstes) Handeln einzelner PR-Profis bzw. der Organisation, der das Individuum angehört.

Als Grund führen befragte Journalisten an, dass der Bezugspunkt von Vertrauen nicht die Industrie an sich ist, sondern die berufliche Einzelbeziehung. Obwohl auch die Branche und der Sektor eine Rolle spielen, kommt es für befragte Journalisten in erster Linie auf persönliche Erfahrungen mit Einzelnen, angebotene Themen und ihre Brisanz sowie die Rolle, die ihre eigene Organisation spielt, an. Das bedeutet, dass Professionalisierungsbestrebungen der PR-Industrie zwar schöne Accessoires sind, das individuelle Handeln von PR-Verantwortlichen jedoch im Zweifelsfall das Zünglein an der Waage ist.

Daraus ergibt sich die Frage, wie PR-Fachkräfte gegenüber Journalisten handeln sollten, damit diese den PR-Fachleuten vertrauen.

Vertrauensbildung ist ein hoch komplexer sozialer Prozess. Um diesen im Zusammenhang mit der Frage deutlich zu vereinfachen (mein Beitrag hat nicht den Anspruch wissenschaftlich akkurat ausgearbeitet zu sein), kann eine Antwortmöglichkeit auf die Frage lauten: Indem PR-Profis Journalisten zuverlässig und transparent mit genau den Informationen versorgen, die sie für ihre Arbeit benötigen. Schließlich ist das für Journalisten eine Basiskomponente, um überhaupt initial eine, für sie sinnvolle, Interaktion mit PR-Verantwortlichen einzugehen.

Das eröffnet die Frage nach dem, was Journalisten von PR-Fachleuten erwarten – eine nicht mehr ganz so banale Überlegung, wenn man bedenkt, wie schnell sich unsere Medienwelt verändert.

Vertrauen aufbauen: PR-Schaffende sollten verlässliche Journalisten-Partner werden

Der Cision-Report „State of the Media“ (hier von 2022 für Deutschland) beantwortet diese Frage recht deutlich. Die Journalistenbefragung vereint die Meinungsbilder von über 600 Teilnehmenden zu verschiedenen Untersuchungsgegenständen – stets unter Berücksichtigung der Haupt-Fragestellung: „Was erwarten Journalisten in Deutschland von hiesigen PR-Fachleuten?“

Ansichten von Journalisten lassen sich folgendermaßen kategorisieren (wobei die Aussagen teilweise mehreren Punkten gleichzeitig zuordenbar sein können):

  1. Wie sollte eine PR-Fachkraft sein bzw. was sollte sie tun oder unterlassen?
  2. Wie sollte der Content aussehen, den eine PR-Fachkraft anbietet?
  3. Was sollten Unternehmen Journalisten bieten?

Nicht klammern: So sollten sich PR-Verantwortliche verhalten

Aller Anfang ist ein Montag: Geht es um den Wochentag, an denen Kommunikatoren einen Pitch versenden, lässt sich eine klares Stimmungsbild bei Journalisten erkennen: Über die Hälfte aller Befragten (56,9 Prozent) wünscht sich einen Pitch zum Wochenstart am Montag, gefolgt von Dienstag (43,9 Prozent) und Mittwoch (35,4 Prozent). Die Prozentangaben verringern sich dabei, je mehr es aufs Wochenende zugeht.

Ein wunder Punkt bei befragten Journalisten ist die Art und Weise, wie PR-Fachkräfte sicherstellen, dass ihr Pitch auch wirklich gelesen wird: 40,5 Prozent geben an, dass wiederholtes Nachfassen bei ihnen dazu führt, dass PR-Leute auf die „schwarze Liste“ gesetzt werden – eine Liste, deren Eintragung PR-Fachkräfte um jeden Preis verhindern sollten, wenn ihnen ihre Medienkontakte lieb sind. 35 Prozent geben an, dass zu häufiges, kurzfristiges Absagen eines Versprechens die jeweilige PR-Person ebenfalls auf die Blacklist befördert.

Doch wie häufig sollten sich Pitch-Absender überhaupt bei ihren Medienkontakten melden? 52,2 Prozent bevorzugen es, niemals nach einem Versand erneut kontaktiert zu werden und immerhin 21,6 Prozent räumen PR-Profis einen Zeitraum von zwei bis drei Tagen nach dem Versand ein. 38,6 Prozent wünschen sich, nicht öfter als einmal mit einem Nachfass-Versuch kontaktiert zu werden.

Jedoch verstehen Journalisten allem Anschein nach den Druck, welchem PR-Profis in Sachen Follow-Ups ausgesetzt sind, und raten in diesem Zusammenhang sinngemäß: Kommunikatoren sollten sich nicht von ihren Chefs unter Druck setzen lassen, sondern souverän handeln und die langfristige Beziehung im Blick behalten. Für Agentur-Mitarbeitende bedeutet das, dass sie ihren Kunden im Zweifel den Zahn ziehen müssen, jeden zweiten Tag einen Anruf bei der Redaktion zu tätigen, um erwünschtes Feedback zu erzwingen.

Losgelöst von Prozentangaben, sammelt die Journalistenbefragung Einzelstimmen, die das Bild, wie PR-Fachkräfte in ihrer Beziehung zu Journalisten behandeln sollten, noch einmal diversifizieren: Sie sollen Themen so gut es geht lokal herunterbrechen, möglichst praxisorientiert schreiben und relevante Themen exklusiv anbieten.

Von der Masse abheben: Diesen PR-Content sollten Kommunikatoren anbieten

Die Menge an PR-Inhalten, die Journalisten jeden Tag erhalten, ist immens. Grund genug für sie, nicht alle E-Mails zu lesen, Anrufe zu beantworten oder Nachrichten zu schreiben. Befragte geben PR-Schaffenden im Cision-Report klare Anhaltspunkte, welche Art von Inhalten sie empfangen wollen, woraus sich umgekehrt zeigt, welche Art von Inhalt PR-Verantwortliche versenden sollten. In meinem Beitrag setze ich voraus, dass PR-Mitarbeiter sich selbstverständlich an die Prämissen von Wahrheit, Klarheit, Objektivität etc. halten.

Generell wünschen sich Journalisten PR-Inhalte, die neu und formal auffällig präsentiert sind und sich auf das Leben ihrer Leserschaft auswirken. 82,5 Prozent der Befragten mahnen, dass sie keine Werbeangebote von PR-Schaffenden erhalten wollen – die Konsequenz der „schwarzen Liste“ wurde bereits im Zusammenhang mit Nachfass-Aktionen genannt. Die Blacklist als Folge einer Missachtung unterstreicht noch einmal ihren fatalen Charakter. Gleichermaßen verhängnisvoll und mit derselben Folge bewerten 60,4 Prozent den Versand von ungenauen oder nicht belegten Infos.

Um Journalisten in ihrem Schaffensprozess zu unterstützen, erwarten 65,7 Prozent von ihnen, dass PR-Fachkräfte ihnen Daten- und Expertenquellen bereitstellen – immer dann, wenn sie sie gerade benötigen. Journalisten könnten (die Studie wird hier nicht weiter konkret) darauf abzielen, dass wenn sie Unternehmen oder Agenturen mit einer derartigen Bitte kontaktieren, auch tunlichst mit den gewünschten Informationen versorgt werden. Schließlich können PR-Verantwortliche nicht immer genau absehen, wann welche Information in welchem Umfang benötigt wird. 69,3 Prozent wünschen sich Forschungsberichte und Studien (Trends, Marktdaten) von Seiten der PR.

Interessanter als die mit Zahlen untermauerten Aussagen, sind meiner Meinung nach jedoch auch hier wieder die Freitexte, in denen Journalisten Angaben über konkrete Themen machen, um die sich PR-Inhalte drehen sollten. Hierzu zählen etwa:

  • neue Technologien, die Unternehmen und Verbrauchern helfen
  • positive Informationen
  • Portraits über Personen
  • Inhalte über vergangene Krisen, ihre Folgen und Lösungen

Damit ein Pitch nicht in der Content-Flut untergeht, raten befragte Journalisten PR-Schaffenden dazu, Bilder (83,2 Prozent) und Infografiken (53,7 Prozent) ans Content-Angebot anzuhängen (abhängig vom Thema). 42,8 Prozent fordern zudem Videomaterial. Diese Formate wurden nicht willkürlich gewählt, sondern wurden in den letzten sechs Monaten (ausgehend vom Studiendatum) mit in journalistische Beiträge eingebunden.

PR-Schaffende sollten also möglichst zeitig alle genannten Materialien bereithalten (auch wenn das für Agenturen bedeutet, diese mit Nachdruck beim Kunden einzufordern) und nicht erst auf Nachfrage reagieren.

Interessante Persönlichkeiten und Test: Das sollten Unternehmen Journalisten bieten

Was auf eine PR-Meldung zutrifft, bestätigt sich in ähnlichem Maße auch für Unternehmenssprecher, die von Seiten der PR angeboten werden: Sie sollten neu sein (was sich, wenn man das Wort interpretiert, wahrscheinlich am ehesten auf die Qualität von Personalmeldungen bezieht). Sie sollten sich gut präsentieren und begründen können, warum sich ihre Handlungen auf die Gesellschaft oder Wirtschaft auswirken. Für PR-Vermittler, wie etwa Agentur-Mitarbeiter, bedeutet das, ihre Kunden dahingehend zu beraten, zu unterrichten und sich dafür einzusetzen, dass ein jeder Pitch mit einer passenden Spokesperson besetzt ist – und nicht mit einer Person, die aus individuellen Motiven, gerne in der PR stattfinden möchte.

Informieren Unternehmen (entweder direkt oder mithilfe einer Agentur) die Presse über ihr neues Produkt, so sollten sie unbedingt darauf achten, einen einfachen Testzugang sowie Datenmaterial bereitzustellen. Immerhin wünschen sich 38,8 Prozent der befragten Journalisten Trenddaten, die zeigen, wie das Produkt ein Problem für die Leserschaft lösen kann. 36,6 Prozent geben an, das Produkt testen zu wollen. PR-Schaffende in Agenturen und Unternehmensabteilungen sollten die Test-Hürden in der Produktkommunikation also so gering wie möglich halten – und auch hier proaktiv Zugänge mit anbieten, anstatt im Nachhinein zu reagieren.

Fazit

Eine Vertrauensbeziehung zwischen PR-Verantwortlichen und Journalisten spielt im PR-Alltag eine wichtige Rolle. In „Allmächtige PR, ohnmächtige PR – Die doppelte Vertrauenskrise der PR“ wird der Vertrauensbegriff in verschiedenen Perspektiven wissenschaftlich betrachtet: Unter anderem im Zusammenhang mit Professionalisierungsbestrebungen der PR-Industrie. Eine Befragung kommt zum Ergebnis, dass Professionalisierungsbestrebungen für Journalisten geringe Auswirkung auf das Vertrauen in die PR haben – im Zentrum steht immer die Interaktion mit einzelnen PR-Akteuren. Auf sie kommt es an, weswegen sich die Frage stellt, wie PR-Schaffende eine Vertrauensbeziehung zu Journalisten aufbauen können. In meinem Beitrag betrachte ich die Möglichkeit, dass PR-Profis Vertrauen aufbauen könne, indem sie Journalisten geben, was sie für ihre tägliche Arbeit benötigen. Hierbei habe ich die Ergebnisse des Cision-Reports „State of the Media“ (Deutschland) vorgestellt und die Aussagen von Journalisten, was sie sich von PR-Mitarbeitenden wünschen, kategorisiert. Das gibt PR-Verantwortlichen einen praxisnahen Einblick und bietet ihnen eine Leitlinie, ihre Handlungen und Beratungen entsprechend auszurichten.

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